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Frau Kramp-Karrenbauer schreibt, ihr sei im Alter von 35 Jahren die Entscheidung erspart geblieben, ob sie ein ungeborenes Kind wegen einer Behinderung lieber wegmachen lassen soll. Ich kann nur sagen: Frau Kramp-Karrenbauer ist noch viel mehr erspart geblieben.
Zum Beispiel PolitikerInnen, die mehr Integration von Menschen mit Behinderung natürlich wünschenswert finden, ihnen und ihren Familien aber im gleichen Atemzug in Erinnerung rufen, was für ein schönes Angebot an Sondereinrichtungen von der frühen Kindheit über Schulzeit und Arbeitsleben bis in Alter wir doch haben.
Es ist ihr auch erspart geblieben mit wohlmeinender Sorge überschüttet zu werden, ob man als Betroffener von der ganzen Inklusion nicht vielleicht überfordert sei.
Es ist ein beliebtes wenn auch abgedroschenes rhetorisches Mittel, Brechstangen zu phantasieren, gegen deren vermeintlichen Einsatz man sich dann in Pose werfen kann.
Wenn ich mich in Deutschland umschaue, dann sehe ich nirgends Brechstangen, mit denen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung die Türen der Regelschulen aufgebrochen würden. Ich sehe aber, dass es nach 5 Jahren Rechtsgültigkeit der UN-Behindertenrechtskonvention gerade einmal vier von 17 Bundesländern geschafft haben, Menschen mit Behinderung so etwas Ähnliches wie einen Rechtsanspruch auf inklusive Bildung zu geben. Und hier rede ich noch nicht von der Umsetzung, noch lange nicht.
Es lassen sich zur Zeit viele Mittel und Wege studieren, wie man Menschen von der Wahrnehmung ihrer Rechte vergraulen kann.
Ermüdend das Gerede, es fehle an Geld für die Inklusion, während für den weiteren Ausbau von separierenden Einrichtungen immer Geld da ist.
Das Geld ist glaube ich nicht unser eigentliches Problem mit der Inklusion. Unser Problem sind Politiker und Meinungsführer, die die Rechte von Ausgegrenzten nur so lange hoch halten, wie die Grenze schön dicht hält. Das ist Politik im Konjunktiv und - mit Verlaub - widerwärtig.