Die Liste

/ Mamamonster

Es ist vier Minuten vor Unterrichtsbeginn. Emmi steht im Sekretariat und trägt sich in eine Liste ein.

In DIE Liste. 25 Plätze für die Skifahrt der Schule. Wenn sich mehr Schüler anmelden, werden die Plätze ausgelost. Mit der Linken hebt sie ihre Brille an, weil sie ohne besser lesen kann. In der Rechten hält sie den Kugelschreiber. Was macht die da bloß so lange? Name, Adresse, Lerngruppe und Unterschrift, das kann doch nicht so schwer sein!

Seit viereinhalb Minuten brütet sie schon über der Liste. Ich bin ungeduldig und reserviere mir im Flur den Platz am Türrahmen der Teeküche. Soll ich vielleicht doch besser reingehen und ihr helfen, oder sie ein bißchen antreiben? Langsam füllt sich der Flur mit schwatzenden Schülern, die alle an die Liste wollen.

Zwei Minuten vor Unterrichtsbeginn… Die Warteschlange ist auf rund 15 Schüler angewachsen. Nichts geht voran. „Was ist denn da vorne los?“, fragt ein baumlanger Achtklässler von hinten. Vorn schaut ein anderer Schüler um die Ecke ins Sekretariat. „Emmi trägt sich ein“, meldet er nach hinten. Beiläufig. Ohne Feixen, ohne Augenrollen. Und ist direkt wieder im Gespräch mit der Nächsten in der Schlange. „Ach so“, kommt es genau so beiläufig von hinten. Ungebrochen geht das Gemurmele und Geschwatze weiter. Ich halte inne und merke, dass meine Finger offenbar schon seit einiger Zeit nervös auf dem Türrahmen klimpern. Ich stecke die Hand in die Manteltasche. So viel Sozialkompetenz wie hier im Flur versammelt ist würd ich mir selbst mal wünschen.

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