Faktencheck #1: Lehrermangel an Sonderschulen?

An Sonderschulen sollen die Klassen erheblich kleiner sein als an allgemeinen Schulen, damit die Lehrer gut auf die erhöhten Förderbedarfe ihrer SchülerInnen eingehen können. Die Lehrerversorgung ist deshalb erheblich besser als an allgemeinen Schulen.

Wie groß der Unterschied sein soll, ist in der Ausführungsvorordnung zu § 93 Absatz 2 Schulgesetz festgelegt. Demnach ist für Grundschulen eine Lehrer-Schüler-Relation von 21,95 vorgesehen, das bedeutet eine Lehrerstelle für 21,95 SchülerInnen. Für Hauptschulen soll die Relation bei 17,86 liegen, für Gymnasien in der Sekundarstufe 1 bei 19,88 und in Gesamtschulen in der Sekundarstufe bei 19,37.

Wie groß ist nun der Unterschied zu den Sonderschulen? Das hängt vom Förderschwerpunkt der Sonderschule ab.

Vorgesehen ist für Schulen mit dem Förderschwerpunkt

* Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung eine Relation von 9,92 SchülerInnen pro Lehrer

* Geistige Entwicklung 6,14

* Körperliche und motorische Entwicklung 5,89

* Sehen (Blinde) und Hören (Gehörlose) 5,89

* Sehen (Sehbehinderte) und Hören (Schwerhörige) 7,83

für SchülerInnen mit Schwerstbehinderung gilt eine besondere Lehrer-Schüler-Relation von 4,17

Soweit die geplante Lehrerversorgung.

Nun kommen wir zur tatsächlichen Lehrerversorgung: Das Statistik-Telegramm 2015/16 des Schulministeriums NRW führt die Lehrerversorgung der Sonderschulen leider nur pauschal auf, nicht getrennt nach den unterschiedlichen Sonderschularten. Die Zeitreihe von 2006 bis 2015/16 zeigt dabei mit leichten Schwankungen eine stetige Verbesserung der Lehrerversorgung der Sonderschulen, und zwar mit erheblich besseren Werten als die Ausführungsverordnung verlangt.

Statt einer geplanten Lehrer-Schüler-Relation zwischen 5,89 und 9,92 (je nach Sonderschulart) verfügen die Sonderschulen im Durchschnitt aller Sonderschularten heute über eine tatsächliche Lehrer-Schüler-Relation von 5,5. Das bedeutet pro 5,5 SchülerInnen eine Lehrerstelle.

Auch die allgemeinen Schulen haben mehr Lehrer als in der Verordnung vorgesehen, allerdings nicht im gleichen relativen Ausmaß. Die Grundschule z.B. hat eine tatsächliche Lehrer-Schüler-Relation von 17,1 statt 21,95, das Gymnasium von 15 statt 19,88.

Dabei zeigt die Zeitreihe, dass die Versorgung der Sonderschulen sich in den vergangenen Jahren nicht verschlechtert, sondern sogar noch verbessert hat. Im Jahre 2006 brauchten die Sonderschulen noch eine SchülerIn mehr pro Lehrerstelle, nämlich 6,5. Insgesamt haben die Sonderschulen aktuell sogar im Durchschnitt aller Förderschwerpunkte eine bessere Lehrerversorgung, als sie für die aufwendigste Sonderschulart (Blinde, Gehörlose) vorgesehen ist.

Der Schluss daraus:

* Schulen sind besser ausgestattet, als sie es laut Verordnung sein müssten. Dabei sind die Sonderschulen in noch höherem Ausmaß besser ausgestattet als die allgemeinen Schulen.

* Die Lehrerversorgung der Sonderschulen ist trotz steigender „Inklusionsquote“ in den vergangenen Jahren nicht schlechter geworden, sondern besser.

* Die Klage, dass die Sonderschulen wegen der inklusiven Entwicklung überproportional Lehrer abgeben müssten, lässt sich statistisch nicht belegen.

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