Dem Verein, der sich für inklusive Bildung einsetzt, wurde in der Stadthalle Mülheim/Ruhr von Landessozialminister Guntram Schneider eine der drei Hauptpreise verliehen - nach dem Verein miteinander leben e.V., ebenfalls aus Köln, und dem Verein Familienbande e.V. aus Kamen.
Damit sind bei der erstmaligen Verleihung des Preises gleich drei Vereine aus der Zivilgesellschaft ausgezeichnet worden, allesamt gegründet von Menschen mit Behinderung, ihren Familien und Freunden. Die Auswahl zeigt vor allem, dass die etablierten Anbieter sozialer Dienstleistungen von den Wohlfahrtsverbänden über die Kirchen bis zu den Kommunen in Sachen Inklusion noch großen Nachholbedarf haben.
mittendrin-Vorsitzende Eva-Maria Thoms widmete die Auszeichnung der landesweiten Elternbewegung für Gemeinsames Lernen und deren Mitbegründerin Christa Roebke, die sich schon mehr als drei Jahrzehnte für das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung eingesetzt hat. Christa Roebke ist Ende Mai bei einem Autounfall zusammen mit ihrem Mann Wolfgang und ihrem Sohn Ulli ums Leben gekommen. "Sie hat uns durch ihr Beispiel die Kraft gegeben, uns im Kampf um die Rechte von Menschen mit Behinderung nicht mit Halbheiten zufrieden zu geben und auch in schwierigen Phasen niemals aufzugeben."
Mit dem mittendrin e.V. hat die Jury des Inklusionspreises überraschend einen Preisträger ausgewählt, der nicht schöne Bilder sondern vorwiegend unbequeme Fragen produziert. Der Verein legt den Fokus seiner Arbeit auf die politische und praktische Durchsetzung des Rechts auf Inklusion, mittels Elternberatung und politischer Lobbytätigkeit. Er tut dies um den Preis, dass die umfangreiche Arbeit nahezu vollständig ehrenamtlich geleistet werden muss - weil Stiftungen und öffentliche Geldgeber sich schwer tun, den selbstbewusst und nicht immer leise auftretenden Verein zu fördern.
Der mittendrin e.V. hat in den neun Jahren seines Bestehens mit Kongressen, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit dazu beigetragen, dass die Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung zum politischen Thema geworden ist. Er hat in zahlreichen Fällen durch Beratung und Begleitung Eltern von Kindern mit Behinderung geholfen für ihre Kinder den Besuch einer allgemeinen Schule durchzusetzen. Und er hat gemeinsam mit den anderen Elternvereinen der Bewegung für Gemeinsames Lernen maßgeblich daran mitgewirkt, dass die UN-Behindertenrechtskonvention mit ihrer Forderung nach inklusiver Bildung kein folgenloses Stück Papier geblieben ist.
Auch die aktuell sehr negative öffentliche Debatte über Inklusion in der Schule beantwortet der Verein auf eigene Art. Im Rahmen der Kampagne "Inklusion Schaffen Wir!", die der mittendrin e.V. mit Kooperationspartnern aus NRW und anderen Bundesländern ins Leben gerufen hat, werden vom 22. September an mit 1.250 Großflächenplakaten in NRW alle Menschen zum Mitmachen aufgefordert, die mit ihren eigenen Inklusionserfahrungen und -geschichten zeigen möchten, dass Inklusion keine Last und Belastung ist, sondern gelebte Wirklichkeit und oft genug ein großer Spaß.
Soweit unsere Einordnung des Preises, aber jetzt erst einmal:
Danke für die Glückwünsche...
... die uns auf allen Kanälen erreicht haben. Über all die Jahre ist es Euer Zuspruch und Eure Mitarbeit aus den Reihen der Eltern gewesen, der uns angespornt hat und uns immer gezeigt hat, dass wir mit unserer Arbeit auf dem richtigen Weg sind!
Hier nur als Beispiel einer der wunderbaren Briefe, die wir bekommen haben: Danke, Hans-Werner!!!
"Liebe Menschen des „mittendrin e.V.“,
da hat es ja endlich mal die „Richtigen“ getroffen, wenn Preise für gesellschaftliches Engagement hin zu einer inklusiven Gesellschaft verliehen werden.
Euch allen,
* die ihr mit eurem bürgerlichen Engagement die Stimme für Inklusion in NRW geworden seid,
* die ihr mit eurem unglaublichen Einsatz an persönlicher Energie und Zeit nicht nur fordert, was euren Kindern als Menschenrecht zusteht,
* nicht nur anprangert, was unter dem Deckmäntelchen halbherziger politischer Entscheidungen diesem Menschenrecht immer noch zuwider läuft,
* sondern auch noch selbst die noch „Unwissenden“ beratet und fortbildet,
euch allen einen ganz herzlichen Glückwunsch zum Inklusionspreis NRW 2015. Ich habe mich ganz besonders mit euch gefreut, weil durch diesen Preis auch ausgedrückt wird, dass unsere Gesellschaft genau solche Initiativen braucht, die unbequem sind, die immer wieder den Finger in die offenen Wunden eines überkommenen Schulsystems legen, die nach einem politischen Häppchen nicht nur Danke sagen, sondern weiter fordern, was allen Kindern und allgemein den sogenannten behinderten Menschen völkerrechtlich zusteht.
Ich wünsche euch für die Zukunft, dass ihr weiter den Mut und die Entschlossenheit der vergangenen neun (?) Jahre zeigen könnt, dass eure Energien und Kräfte nicht schwinden mögen, dass euer Beispiel von klarer Sicht und zivilem Ungehorsam weiter Schule macht. Dann kann es einmal so sein, dass wir uns alle in einem Schulsystem für alle wiedersehen.
Gratulation und alles Gute
Hans-Werner Bick