NRW: Startsignal für Inklusion

Der Landtag NRW verabschiedet heute die erste Gesetzesänderung in Richtung inklusive Bildung. Trotz scharfer inhaltlicher Kritik am Gesetz sind die Sprecher der Elternvereine froh und erleichtert, dass das politische Gerangel um den Einstieg in die inklusive Bildung endlich ein Ende hat.

„Immerhin setzt der Landtag heute ein unmissverständliches Startsignal“, sagt Christa Rößler,  Vorsitzende von Gemeinsam leben – Gemeinsam lernen Aachen e.V.: „Viele Kommunen haben zum Teil händeringend auf eine gesetzliche Grundlage gewartet und  können nun endlich beginnen, planmäßig inklusive Strukturen aufzubauen“.

Die Eltern behinderter Kinder in Nordrhein-Westfalen  erneuern  ihre scharfe Kritik am 9. Schulrechtsänderungsgesetz. Das Gesetz entspreche nicht den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention: „Es fehlt ein eindeutiger individueller Rechtsanspruch auf inklusive Bildung, es fehlen allgemein verbindliche Qualitätsstandards, es fehlt die Zielperspektive auf ein tatsächlich inklusives Bildungssystem, in dem gemeinsames Lernen selbstverständlich ist“, sagt Eva-Maria Thoms vom Elternverein mittendrin e.V..

Jetzt kommt es darauf an, dass die ersten Schritte in Richtung Inklusion, die das neue Gesetz beinhaltet, auch überall in Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden. Es ist nun vor allem Sache der Bezirksregierungen und ihrer Schulaufsichten dafür zu sorgen, dass im ganzen Land ein pädagogisch hochwertiges Angebot des Gemeinsamen Lernens aufgebaut werden kann. „Hier muss vorsorgend und planvoll gehandelt und ein flächendeckendes Netz von Vorreiterschulen eingerichtet werden“, sagt Ingrid Gerber, Sprecherin von Gemeinsam Leben - Gemeinsam Lernen Bonn e.V .  „Es kann nicht sein, dass es nur in wenigen Regionen des Landes ein Angebot qualitativ hochwertigen gemeinsamen Lernens gibt, während Schüler mit Behinderung in anderen Bezirken allenfalls unter abenteuerlichen Umständen und auf den letzten Drücker in völlig unvorbereitete Schulen mit bereits übervollen Klassen gepresst werden.“

Hilfreich finden die Eltern, dass Landesregierung und Kommunale Spitzenverbände ihren unsäglich geführten Streit um die Verteilung von Kosten beigelegt haben und zu einer Einigung gekommen sind.  „Es ist sicherlich vernünftiger, erst einmal – wie jetzt vereinbart – die tatsächliche Entwicklung zusätzlicher Kosten für die Inklusion zu prüfen, anstatt sich gegenseitig mit spekulativen Gutachten unter Druck zu setzen“, sagt Bernd Kochanek vom Inklusionsfachverband Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen NRW.

Die Elternvereine erinnern die Landesregierung daran, dass  sie das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ausdrücklich als einen ersten Schritt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bildungsbereich angekündigt hat.  Weitere Schritte müssen nun folgen. Dazu gehört eine Anpassung der einschlägigen Verordnungen, eine gute Ausstattung der Schulen, ein gutes Fortbildungsangebot für Lehrer. Und dazu gehört – noch in dieser Legislaturperiode – eine weitere Schulgesetznovelle, in der dann endlich der in der Konvention vorgeschriebene individuelle Rechtsanspruch jedes Kindes und Jugendlichen auf inklusive Bildung festgeschrieben wird.

Für diesen weiteren Prozess mahnen die Elternvereine an, dass auf allen Ebenen die Betroffenen und ihre Verbände in die Prozesse einbezogen werden, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention explizit verlangt. Ingrid Gerber von Gemeinsam Leben - Gemeinsam Lernen Bonn e.V.: „Die Inklusionsorientierten Elternvereine können ihre über 30-jährige Erfahrung mit Gemeinsamem Unterricht in die nun beginnende Aufbauarbeit einbringen. Und Sie sind die Einzigen, die  Eltern unabhängig und auf Augenhöhe in Sachen Inklusion beraten.“

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