Das Persönliche Budget bei der Schulbegleitung (Schulassistenz / Integrationsassistenz)

Eltern haben das Recht, die Schulbegleitung ihres Kindes über das persönliche Budget selbst zu organisieren.

In unsere Beratungsstelle kommen immer wieder Eltern, die mit dem Anbieter der Schulbegleitung unzufrieden sind. Die Gründe hierfür sind verschieden: Der Anbieter bietet keine geeignete Kraft, die Kommunikation gestaltet sich schwierig, der Anbieter stellt keine Krankheitsvertretung sicher, die potentiellen Schulbegleiter werden zu gering bezahlt, das Personal wechselt häufig…

Mehrere Wege führen zu einer geeigneten Schulbegleitung nach der Bewilligung.

Ein Weg führt über Anbieterlisten für Schulassistenzen, die die Eltern vom Sozial- oder ggf. Jugendamt erhalten oder über die Internetsuche nach geeigneten Anbietern in der Region. Das wird nicht immer so praktiziert, meist suchen das Sozial- oder Jugendamt selbst nach einem Anbieter, der die Schulbegleitung zur Verfügung stellt. Um Zeit zu sparen möchten Eltern oft auch selbst mit nach einem Leistungsanbieter suchen, dieses Recht steht ihnen gem. § 8 SGB IX zu. Dort ist das Wunsch- und Wahlrecht verankert. Das ermöglicht nicht nur das Recht selbst mitzusuchen, sondern wenn der Leistungsträger Ihnen einen Anbieter nennt, müssen sie mit diesem auch tatsächlich einverstanden sein. Es kann nicht über ihren Kopf hinweg bzw. gegen ihren Willen ein Anbieter einfach so festgelegt werden. Die Vorschrift des § 8 SGB IX stellt für den Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderung sicher, dass ihren berechtigten Wünschen hinsichtlich der Auswahl sowie der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe entsprochen und dabei Rücksicht auf ihre persönliche Lebenssituation sowie ihre geschlechtsspezifischen und religiösen Bedürfnisse genommen wird.


Ein anderer Weg besteht in der Beantragung dieser Leistungen als ‚persönliches Budget‘ (PB).

Was genau ist dieses Persönliche Budget?

Mit einem Persönlichen Budget können Menschen mit Behinderung Leistungen zur Teilhabe selbstständig einkaufen und bezahlen. Es ergänzt die bisher üblichen Dienst- oder Sachleistungen und stärkt die Autonomie und Eigenverantwortung der Betroffenen. Seit 2008 besteht ein Rechtsanspruch darauf, Leistungen zur Teilhabe in der Form des Persönlichen Budgets gem. § 29 SGB IX zu erhalten. Das Persönliche Budget ist kein zusätzliches Geld, sondern nur eine andere Form der Leistungsgewährung. Unterschieden wird dabei zwischen zwei Modellen:

Dienstleistungsmodell

Assistenzdienstleistungen werden dann nicht mehr von den Ämtern mit einem Anbieter abgerechnet, sondern Sie erhalten das Geld monatlich vorab überwiesen und bezahlen davon einen von Ihnen selbst ausgewählten Anbieter, mit dem Sie einen Vertrag abschließen. In diesem Fall sind Sie Auftraggeber und haben ganz andere Möglichkeiten Einfluss auf die Auswahl des Personals oder die konkrete Ausgestaltung zu nehmen. Man ist dann kein Bittsteller mehr und kann ggf. aktuell auf herausfordernde Situationen reagieren oder auch einfacher den Anbieter wechseln. Die Rahmenbedingungen zu Stundenumfang und Preis werden von Ihnen zuvor mit dem Sozial- oder Jugendamt ausgehandelt und basieren auf den marktüblichen Preisen. 

Arbeitgebermodell

Eltern können sich mit dem Persönlichen Budget auch selbst auf die Suche nach einer geeigneten Integrationsassistenz machen. Sie müssen diese dann selbst anstellen und sind in dem Fall Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten:

  • Regelungen zur Krankheitsvertretung liegen dann in den Händen der Eltern.
  • Es muss regelmäßig - einmal jährlich - mit dem Amt abgerechnet werden.
  • Stundenumfang und Lohnkosten müssen genau kalkuliert werden, Sie sollten sich dazu von einem Steuerberater beraten lassen.
  • Beachten Sie auch die notwendige Begleitung in der OGS, die ebenfalls mitberücksichtigt werden muss.

Die Umwandlung einer bewilligten Leistung für eine Schulbegleitung in das Persönliche Budget kann jederzeit erfolgen. Sie können den Antrag aber auch gleich mit dem Antrag auf Schulbegleitung stellen.

Die Zusammenarbeit und Kommunikation beim PB läuft direkt zwischen Eltern, Schule und Schulbegleitung. Hier gilt zu beachten, dass die Schulbegleitung auch in dieser Konstellation Schweigepflicht in schulinternen Angelegenheiten hat.

Direkt und immer in die Kommunikation mit Schulbegleitung und Schule eingebunden zu sein, kann auch zu Konflikten führen. Manche Schulen/Lehrer möchten nicht, dass Eltern über den Schulbegleiter indirekt ständig informiert werden. Ansprechpartner in schulischen Angelegenheiten bleiben für die Eltern immer die Lehrer. Daher empfiehlt es sich von Beginn an, eindeutige Absprachen über die Kommunikation und Rollen zwischen allen Beteiligten zu treffen. Dies trifft zunächst grundsätzlich auf alle Formen der Schulbegleitung zu. Allerdings haben Eltern, die Schulbegleiter im Rahmen des persönlichen Budgets als Angestellte beschäftigen, eindeutig mehr Vorteile und Gestaltungsspielräume.

Fazit:

Schulbegleitung mit dem persönlichen Budget zu realisieren kann eine gute Lösung sein. Dies sollte aber im Einzelfall genau überlegt und gut vorbereitet werden. Wir haben in unserer Beratung erlebt, dass Eltern entweder den Aufwand unterschätzt oder Schwierigkeiten bei der Kostenkalkulation haben. Tatsächlich entsteht aber nur bei der erstmaligen Beantragung ein höherer Aufwand zur Bedarfsermittlung, Kostenkalkulation, Erstellung einer  Zielvereinbarung und dem Entwurf eines Arbeitsvertrages. Die Anmeldung bei der Sozialversicherung und die Lohnabrechnung kann ein Steuerberater für Sie übernehmen. Die Kosten für den Steuerberater werden Ihnen im Rahmen des Persönlichen Budgets auf Antrag erstattet. Sie sollten direkt mit einkalkuliert werden. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit das solche Arbeiten von einer Budgetassistenz übernommen werden können, wenn Sie dafür einen Anbieter finden.

Nutzen Sie bitte die Möglichkeit, sich von uns hierzu beraten zu lassen und informieren Sie sich über Details gerne auf den u.a. Links zu weiterführenden Informationen. 

Rechtsgrundlagen: § 29 SGB IX i.V.m. § 112 SGB IX bzw. § 35a SGB VIII

Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland (alle Bundesländer)

Praxistipps: 

Kostenkalkulation:

  • Betreuungsstundenumfang für ein Schuljahr ermitteln, inklusive ggf. der Ferien(betreuung) und des ggf. gewünschten Offenen Ganztags (OGS)
  • Wöchentliche Zusatzstunden für die Dokumentation und den Austausch/Reflexionsgespräche mit Fachpersonal und Eltern hinzurechnen (z.B. 2 Stunden)
  • Alternativ wöchentliche Arbeitszeit und Anzahl der jährlichen Arbeitswochen zur Grundlage des Stundenumfangs heranziehen
  • Klärung ob Assistenz- oder Fachkraft erforerlich ist
  • Anlehnung an Tarifvertrag (z.B. TVöD-SuE), um abhängig von der persönlichen Qualifikation eine Zuordnung in Entgeltgruppe und Erfahrungsstufe der Assistenzkraft vorzunehmen
  • oder Arbeitnehmerbruttostundensatz mit Kostenträger klären (inklusive Urlaubsanspruch und "Weihnachtsgeld")
  • Sämtliche Arbeitgeberbruttokosten nebst Umlagen und Auslagen z.B. mit einem Steuerberater ermitird.teln
  • Zusätzlich eine monatliche Pauschale beantragen (ca. 50 Euro) für persönliche Ausgaben wie Steuerberaterkosten für die Anmeldung (Betriebsnummer Finanzamt, Sozialversicherung und Gehaltsabrechnung...)

Zielvereinbarung:

Die Grundlage aller gegenseitigen Rechte und Pflichten bildet die Zielvereinbarung, die Sie mit dem Kostenträger abschließen müssen. Im Rahmen der Beratungsverpflichtung gem. § 106 SGB IX sind das Sozial- oder Jugendamt verpflichtet Sie umfassend zu beraten. Dabei sollten u.a.  folgende Aspekte besonders berücksichtigt werden:

  • Stundenumfang / Arbeitszeit / Urlaub / "Weihnachtsgeld" / Tarifvertrag oder Arbeitnehmerbruttostundensatz zzgl. Arbeitgeberkosten / Pauschale für Ihre Ausgaben wie Steuerberater, Telefon...
  • Regelung für die Weiterbezahlung der Integrationsassistenz bei Krankheit Ihres Kindes (Pufferregelung für x-Tage oder x-Stunden), da normalerweise nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vom Kostenträger refinanziert werden
  • Entgeltfortzahlung für die Integrationsassistenz
  • Jährliche Lohnanpassung bei unbefrister Laufzeit (z.B. an Tarifsteigerung oder Steigerung des Lebenshaltungsindex)
  • Bildung einer Schwankungsreserve und Rückzahlungsmodalitäten (vgl. die ForseA-Links unter "Weiterführende Informationen")

Geltungsdauer:

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts von 2021 dürfen Leistungen der Eingliederungshilfe dem Grunde nach so lange nicht befristet werden, bis das Teilhabeziel (hier: Teilhabe an Bildung) erreicht ist. Anders ausgedrückt, solange der Unterstützungsbedarf im Rahmen der Erfüllung der Schulpflicht oder zum Erreichen eines Schulabschlusses  tatsächlich noch besteht, darf keine Befristung vorgenommen werden. Es bestehen keine sachlichen Gründe für die Notwendigkeit einer Befristung.

Achten Sie demnach darauf, dass keine Befristung in die Zielvereinbarung aufgenommen wird oder legen Sie Widerspruch ein. Aber auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist können Sie für bereits bewilligte Leistungen die Entfristung beim Jugend- oder Sozialamt beantragen. Die Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben in NRW haben dazu eine Stellungnahme mit Musterschreiben veröffentlich: KSL.NRW POSITION / STANDPUNKT: „Schulassistenz – eine unbefristete Leistung der Eingliederungshilfe“

Arbeitsvertrag:

  • Beim Arbeitsvertrag darauf achten, dass Sie als Arbeitgeber kein finanzielles Risiko eingehen, wenn nur die tatsächlich geleisteten Assistenzstunden von den Ämtern finanziert werden (dies hat sich nicht zuletzt in der Corona-Zeit stark ausgewirkt)
  • Diesen Vorbehalt sollten Sie schriftlich fixieren und bei der Ermittlung eines Durchschnittslohns oder eines monatlich wechselnden Lohns in Abhängigkeit von den tatsächlich geleisteten Stunden berücksichtigen, es sei denn Sie haben eine Pufferregelung mit dem Kostenträger vereinbart
  • Die sich aus der Zielvereinbarung ergebenden konkreten Regelungen für die Assistenzkraft übernehmen
  • Den Hinweis aufnehmen, dass Urlaub nur in den Schulferien genommen werden darf
  • Die Art und Ausgestaltung des Arbeitsvertrages (Werkvertrag, Anstellungsvertrag) sollte in Abhängigkeit von den Besonderheiten des Einzelfalls (Student, mehrere Minijobber, Festanstellung) mit einem Steuerberater oder Juristen geklärt werden

Wie finde ich eine Schulbegleitung im Rahmen des Persönlichen Budgets:

  • Unter www.stellenwerk-koeln.de oder anderen Jobbörsen können Sie eine Anzeige schalten
  • Fragen Sie andere Schulbegleitungen, ob jemand in deren Umfeld sucht
  • Hängen Sie Zettel z.B. an die schwarzen Bretter der Unis bzw. Fachhochschulen

Kontakt: Wir beraten Sie gerne persönlich. Vereinbaren Sie mit uns einen Beratungstermin unter der
Telefonnummer 0221 29 43 84 98 oder per Mail unter beratungmittendrin-koeln.de.

Weiterführende Informationen:

Persönliches Budget für Kinder und Heranwachsende - KSL NRW

Das Persönliche Budget - KSL NRW

Orientierungshilfe zum Persönlichen Budget

Publikation der Baden-Württemberg Stiftung

Musterzielvereinbarung und -kalkulation von ForseA

Prüfliste Zielvereinbarung ForseA

Beschluss des OVG Bremen aus 2020

Sollte einer der o.g. Links nicht mehr aktuell sein, bitten wir Sie um eine kurze Rückmeldung, damit wir den Fehler beheben können. Schreiben Sie einfach eine kurze E-Mail an: info@mittendrin-koeln.de

Grafik mit Text: Neues Beratungsthema - www.mittendrin-koeln.de, darüber steht das Logo des mittendrin e.V mit den Claim: Inklusion schaffen wir.

Schlagworte

  • Schule