Noch vier Mal waren wir im Frühjahr gemeinsam mit engagierten Schulen vor den Sitzungen des Schulausschusses am Rathaus präsent. Leider blieben die Kundgebungen ohne jeden Erfolg, etwa für die Schüler*innen-Beförderung ins Gemeinsame Lernen, aber auch für die Beibehaltung kleinerer Klassen in inklusiven Grundschulen. In Zeiten von Schulplatznot und leeren Kassen hat Inklusion offenbar keine Priorität.
Um die Aufmerksamkeit zu steigern, haben wir den Kommunalwahlkampf genutzt und Wahlprüfsteine für inklusive Bildung in Köln entwickelt. Die Parteien und Spitzenkandidat*innen waren aufgefordert sich zu positionieren. Dabei sind auch einige aussagekräftige Bekenntnisse der Kandidaten für Instagram entstanden. Das Ergebnis der Wahlprüfsteine konnten wir als ganzseitige Anzeige im Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlichen. So war das Werbepaket gut genutzt, das wir 2024 als Preisgeld für unsere Auszeichnung bei der Kölner Wirtschaftsnacht der „Kölner Stadt-Anzeiger Medien“ erhalten haben.
Da sich die Kölner Politik mit neuem Oberbürgermeister und neuem Rat derzeit formiert, versuchen wir aktuell, an die Aussagen aus dem Wahlkampf zu erinnern und anzuknüpfen. Dazu diskutieren wir auch im Expert*innenrat der Stadt Köln für die inklusiven Schulen mit. Der Beirat hat soeben eine Stellungnahme an Rat und Verwaltung formuliert, in der er sich eindeutig gegen die Planung einer weiteren Förderschule im künftigen Stadtteil Kreuzfeld ausspricht.
Auch im Land NRW muss die Regierung weiter angetrieben werden, die schulgesetzlich vorgeschriebene inklusive Entwicklung umzusetzen. Zwar ist im schwarz-grünen Koalitionsvertrag ein Aktionsplan für die inklusiven Schulen festgeschrieben, aber nach immerhin drei Jahren Regierungszeit noch immer nicht in Sicht. In diesem Jahr haben wir deshalb nach vielen Diskussionen mit einem eigenen Antrag einen Beschluss des Inklusionsbeirats erwirkt, dass ein solcher Aktionsplan kommen muss, und zwar in Form eines konkreten Plans mit Zielen, aufeinander abgestimmten Maßnahmen, Zeitvorgaben, Verantwortlichkeiten und der notwendigen Finanzierung.
Die – ebenfalls von uns seit Jahren geforderte – Reform des AO-SF-Verfahrens (mit dem festgestellt wird, ob Schüler*innen einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben) wird im Schulministerium nun tatsächlich in Angriff genommen. Seit dem Sommer gilt – versuchsweise – zunächst in den Regierungsbezirken Münster und Arnsberg ein digitalisiertes Verfahren mit strengeren Regeln. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse!
Denn noch immer steigt die Zahl der Schüler*innen weiter an, denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf zugeschrieben wird. Auch die Anmeldungen an Förderschulen nehmen weiter zu. Wozu das führt, haben wir mit einer eigenen Recherche veröffentlicht: Mindestens 30 neue zusätzliche Förderschulen sind bei den Kommunen in Planung. Während für die inklusive Bildung allerorten kein Geld da ist, werden hohe Millionensummen in noch mehr Förderschulen gesteckt. Die Recherche ist bereits von einigen Medien aufgegriffen worden und sorgt in Düsseldorf hinter den Kulissen durchaus für Diskussionen.
Unser Projekt „Ausbildung mittendrin“, in dem wir in Kooperation mit dem Inklusionsdienstleister ProjektRouter gGmbH junge Leute mit sogenannter geistiger Behinderung in und durch Duale Ausbildungen auf dem Arbeitsmarkt begleiten, hat in diesem Jahr schöne Erfolge gezeigt: Alle vier Azubis, die dieses Jahr in ihre Abschlussprüfung gegangen sind, haben bestanden und den Ausbildungsabschluss erreicht! Eine so hohe Erfolgsquote hat zuvor niemand erwartet. Zudem konnten wir die Idee, junge Leute mit sogenannter geistiger Behinderung in Ausbildungen zu bringen, über unser Projekt hinaus verbreiten. Durch unsere Vernetzung mit Initiativen und Trägern in anderen Teilen des Landes NRW sind in diesem Jahr drei weitere Ausbildungsverhältnisse angeregt worden, am Niederrhein und im Ruhrgebiet. Auch bundesweit werden wir inzwischen zu Vernetzungen und Vorträgen eingeladen. Das Projekt wurde zudem dieses Jahr mit dem 1. Platz beim Kölner Innovationspreis Behindertenpolitik (KIB) ausgezeichnet!
In der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) haben wir in diesem Jahr nach einem kontinuierlichen Anstieg der Beratungsanfragen in den letzten Jahren erneut einen Zuwachs von 23 Prozent zu verzeichnen. Das sind mehr als 2800 Beratungen. Fast die Hälfte der Beratungsanfragen bezogen sich auf die Themenfelder Schule, berufliche Bildung und Arbeit. Daneben standen Fragen zur Beantragung von Assistenzen, zur Pflege und zum Schwerbehindertenausweis im Vordergrund oder zur finanziellen Sicherung. Stark gestiegen sind Anfragen aus dem Bereich Autismus und ME/CFS. Neben der Informationsweitergabe und Unterstützung bei Anträgen stellt die Begleitung zu schwierigen Gesprächen mit Schulen und Ämtern ein Herzstück unseres Hilfeangebotes dar. Im Vordergrund steht dabei die Stärkung der Selbstbestimmung und das Empowerment.
Nach fast zwei Jahrzehnten als 1. Vorsitzende des mittendrin e.V. gab Eva-Maria Thoms im Juni den Staffelstab an Tina Sander. Christine von Kirschbaum als 2. Vorsitzende und Alexander von Kirschbaum als Kassenwart üben ihre Vorstandsämter weiter aus. Frau Thoms bleibt dem Verein als politischer und strategischer Kompass, als unbestechliche Stimme für inklusive Bildung in den politischen Gremien sowie als Projektleitung von „Ausbildung mittendrin“ erhalten. Wir danken ihr von Herzen für ihre Zeit an der Spitze des mittendrin e.V.!
Das Jahr 2025 war von einer angespannten Haushaltslage und spürbaren Kürzungen in der freien Kulturszene geprägt. Das hat uns auch in unserem Angebot Kultur inklusiv beschäftigt: Ein großer Teil der Arbeit bestand in diesem Jahr darin, die Interessensbündnisse für kulturelle Teilhabe in der Kölner Stadtgesellschaft zu stärken, damit das Thema auch in Zeiten prekärer Haushaltslage nicht untergeht. Daneben haben wir mit unserem Beratungsangebot in unterschiedlichen Formaten Impulse zur Umsetzung inklusiver Entwicklungsprozesse gesetzt: mit offenen Impuls-Workshops, Inhouse-Workshops in Kulturinstitutionen und Feedback-Runden zu bereits umgesetzten Maßnahmen. Wir freuen uns, dass darunter auch ein Workshop zur Beschäftigung behinderter Menschen im Kulturbereich war: So konnten wir unser Wissen zu den Instrumenten beruflicher Teilhabe hier einbringen. Wir danken der Stadt Köln, die das Angebot durch eine Konzeptionsförderung möglich macht, sowie der Kämpgen-Stiftung für die Unterstützung.
Für das „Gesamtpaket“ aller unserer Aktivitäten für Inklusion wurden wir in diesem Jahr von der Imhoff-Stiftung als einer von 25 „Bessermachern für Köln“ geehrt. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung unserer Arbeit!
Auch in diesem Jahr danken wir wieder herzlich für Ihre und Eure Unterstützung! Insbesondere unser politisches Engagement können wir dank Ihres / Eures Beitrags verstärkt angehen, da es dafür keine Förderungen gibt.
Wir freuen uns auf das kommende Jahr. Es gibt noch viel zu tun für Inklusion. Wir haben einiges vor und würden uns sehr freuen, wenn es Ihnen und Euch auch weiterhin möglich ist, unsere Arbeit finanziell zu unterstützen.
Wir wünschen Ihnen und Euch eine wunderbare Weihnachtszeit!
Herzlich Euer mittendrin e.V.
Christine von Kirschbaum
für den Vorstand des mittendrin e.V.