Die Politik hat versprochen, eine Lösung zu finden. Aber das Thema wird ausgesessen und verschleppt.
Das im November 2024 veröffentlichte Inklusionsmonitoring der Stadt Köln zeigt, dass das Folgen hat: Inklusion ist rückläufig in Köln. Und das, obwohl Köln lange Zeit Vorreiter in Sachen inklusiver Bildung war.
Ein Problem ist, dass seit 2019 deutlich weniger Anträge auf Schülerbeförderung zu inklusiven Schulen bewilligt werden. Dass es noch mehr Inklusionshindernisse gibt, haben die Eltern bei der letzten Protestaktion am 25. November 2024 eindrücklich gezeigt. Mehr als 500 Menschen aus drei Schulen haben die Eltern beim Protest unterstützt. Und trotzdem passiert nichts.
„Wir sind frustriert“, sagt Ute Berger vom mittendrin e.V. „Das Thema wird aktiv verschleppt und unsere Informationen werden immer wieder als falsch dargestellt. Ist das der Umgang der Stadt Köln mit Bürger*innen, die sich für die Rechte Ihrer Kinder einsetzten?“
Schon lange bitten die Eltern um ein konstruktives, lösungsorientiertes Gespräch zum Thema. Daran hat die Verwaltung kein Interesse und die Politik scheinbar auch nicht mehr.
Am 27. Januar laden die Eltern Politik, Verwaltung und Schulen zum Gespräch vorm Schulausschuss ein. „Das ist ein weiterer Versuch, einen konstruktiven Dialog zwischen Verwaltung, Politik, Schulen und Eltern anzuregen, um das Thema voranzubringen und finanzierbare Lösungen zu finden. Die Gesamtschule Holweide wird wieder vor Ort sein. Wir sind gespannt, wer sonst noch kommt…“ so Ute Berger, die die Protestaktion koordiniert.
Anbei die Einladung der Eltern zur Protestaktion vorm nächsten Schulausschuss am 27.01. von 14-15 Uhr auf dem Theo-Burauen-Platz.
An die Mitglieder des Kölner ASW und die Verwaltung
Weg mit den Inklusionshindernissen – Teil 2
Wir müssen reden…
Sehr geehrte alle,
Am 27. Januar werden wir wieder von 14 bis 15 Uhr auf dem Theo-Burauen-Platz stehen und für die Verbesserung inklusiver Schule in Köln demonstrieren. Dieses Mal öffnen wir das Mikro für Eltern, Schüler*innen, Lehrer*innen… und laden auch Sie ganz herzlich zum Gespräch ein.
Schon lange machen wir darauf aufmerksam, dass die Bedingungen im Gemeinsamen Lernen immer schlechter werden. Das Inklusionsmonitoring der Stadt Köln zeigt, dass das Folgen hat: Inklusion ist rückläufig in Köln. Und das, obwohl Köln lange Zeit Vorreiter in Sachen inklusiver Bildung war.
Ein Grund dafür ist, dass seit 2019 deutlich weniger Anträge auf Schüler-beförderung zu inklusiven Schulen bewilligt werden. Wollen die Eltern trotzdem Inklusion für Ihre Kinder, müssen viele die Arbeitszeit reduzieren, damit sie die nächsten Jahre als Elterntaxi zu Verfügung stehen können. Da es zu wenig wohnortnahe Schulplätze gibt, sind die Wege oft weit. Zwei bis drei Stunden kostet das viele Eltern pro Tag. In Förderschulen hingegen gehört die Schülerbeförderung erfahrungsgemäß zum Gesamtpaket. Bei unserer letzten Aktion im November haben wir Sie auf weitere Inklusionshindernisse aufmerksam gemacht.
Statt die Bedingungen zu verbessern, um gemeinsames Lernen wieder attraktiver zu machen, plant die Stadt den Bau zwei teurer Förderschulen.
Mit der Aktion am 27. Januar möchten wir einen konstruktiven Dialog zwischen Politik, Schulen, Eltern und Verwaltung anregen, um das Thema Inklusive Bildung in Köln wieder voranzubringen. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen. Sind Sie dabei?
Wir haben viele Fragen:
Warum ist Inklusive Bildung in Köln nicht mehr erwünscht??
Anders können wir uns das Handeln der Verwaltung in den letzten beiden Jahren nicht erklären.
- Warum liefert die Verwaltung auf einen fraktionsübergreifenden Dringlichkeitsantrag nach einem Jahr nicht nachvollziehbare Zahlen ohne Hintergrundinformationen?
Im November 2024 hat die Verwaltung mit der „Mitteilung der zur Schülerfahrtkostenverordnung NRW“ auf den fraktionsübergreifenden Dringlichkeitsantrag „Schülerspezialverkehr gerecht gestalten“ (AN/2034/2023) vom November 2023 reagiert. Hier werden Kosten für die Schülerbeförderung ins Gemeinsame Lernen veranschlagt, die mindestens fünfmal so hoch sind, wie die Kosten des LVR für den Schülerspezialverkehr zu Förderschulen. Hintergrundinformationen sollten nachgeliefert werden. Bisher kam nichts dazu.
- Warum wird das Thema Inklusion unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt?
Das Inklusionsmonitoring und weitere Themen zu inklusiver Bildung wurden in einem nicht öffentlichen Fachgespräch im Dezember besprochen. Die Stadt-AG Behindertenpolitik und die Schulpflegschaft durften nicht dabei sein. Auf Nachfrage wurde im letzten Schulausschuss angekündigt, dass in der nächsten Sitzung über die Ergebnisse informiert wird. Auf der Tagesordnung steht nichts dazu.
- Warum stellt die Verwaltung richtige Informationen zum Thema Schülerbeförderung im Schulausschuss (absichtlich?) als falsch dar?
Im letzten Schulausschuss hat die Verwaltung erklärt, dass es nicht richtig sei, dass es im Gemeinsamen Lernen mehr Ablehnungen für Schülerbeförderung gibt als an Förderschulen: Insgesamt gab es im letzten Jahr 86 Ablehnungen, davon 6 an Regelschulen, 60 an Förderschulen und 20 an GL-Schulen. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass die Zahl der Anträge an Förderschulen mehr als 10-mal so hoch ist, wie an inklusiven Schulen.
2021/22 wurden an Förderschulen 4,9 % der Anträge abgelehnt und im Gemeinsamen Lernen 38 % . Betrachtet man nur die von der Problematik am meisten betroffenen Förderschwerpunkte Körper Motorische Entwicklung und Geistige Entwicklung werden auf Förderschulen 0,29 % der Anträge abgelehnt und im Gemeinsamen Lernen 62,1 %. Und das erst seit 2019. Vorher waren die Ablehnungsquoten vergleichbar.
Was ist mit der Politik?
Im Juni 2024 haben Politiker*innen aller Parteien auf unserer Veranstaltung „Köln kann inklusive Bildung“ glaubhaft versichert, dass es eine Lösung geben soll für die Schülerbeförderung ins Gemeinsame Lernen. Passiert ist seither nichts und das Interesse an Austausch hat stark nachgelassen.
Fehlendes Geld kann nicht der Grund für die Ablehnung der Anträge sein. Denn an Förderschulen ist die Beförderung ja auch finanzierbar. Bei Förderschulen Geistige Entwicklung zahlt das auch die Stadt. Was an Förderschulen organisier- und finanzierbar ist, muss auch im Gemeinsame Lernen möglich sein.
Und die Schulen?
Ein zusätzliches Problem ist, dass die Bedingungen an Kölner Schulen insgesamt immer schlechter werden. Das ist für alle Schüler*innen eine Zumutung und macht Inklusion schwierig. Die Begrenzung der Klassenstärke in Grundschulen des Gemeinsamen Lernens soll aufgehoben werden, die baulichen Zustände an vielen Schulen sind katastrophal, Stellen werden gestrichen und das KLASSE-Projekt auch… Das führt dazu, dass auch Schulen, die gerne und schon lange sehr gut inklusiv arbeiten an Grenzen stoßen. Statt erfolgreiche Leuchtturmschulen zum Vorbild zu erklären und den Austausch zwischen Schulen zu fördern, werden diese Schulen kaputtgespart.
Wie geht es weiter mit Inklusiver Bildung in Köln?
Im Juni 2023 hat der Kölner Expertenbeirat Inklusion Handlungsempfehlungen zur Entlastung der Förderschulen durch Verbesserung inklusiver Beschulung vorgelegt. Wann werden diese endlich umgesetzt?
„Jedes Kind hat das Recht auf inklusive Bildung.“, verspricht die Stadt Köln auf der Internetseite ihren Bürger*innen. „Alle Personen mit und ohne Behinderung sollen optimal gefördert und einzelne nicht ausgegrenzt werden. Dafür müssen wir geeignete Rahmenbedingungen schaffen.“ Genau das wünschen wir uns.
Warum können nicht alle zusammen nach finanzierbaren Lösungen für eine besseres Angebot im Gemeinsamen Lernen suchen?
Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen! Am 27. Januar zwischen 14 und 15 Uhr auf dem Theo-Burauen-Platz – und gerne auch vorher oder nachher per Telefon oder Mail.
Mit freundlichen Grüßen!
mittendrin e.V.
Weiterführende Informationen
Dringlichkeitsantrag: Schülerspezialverkehr gerecht gestalten (AN/2034/2023)
Welche Mehrkosten für die Beförderung aller Schülerinnen und Schülern mit Einschränkungen/Behinderungen, die bisher nicht aufgrund der Schülerfahrtkostenverordnung befördert werden können, entstehen
zum Ratsinformationsdienst der Stadt Köln
Mitteilung der Stadt Köln zur Schülerfahrtkostenverordnung NRW
zum Ratsinformationsdienst der Stadt Köln
Expertenbeirat Inklusion: Handlungsmöglichkeiten für die Stadt Köln zur Entlastung der Förderschulen Geistige Entwicklung
mittendrin e.V. - Handlungsmöglichkeiten
Detailinformationen zu den Ablehnungszahlen für die Schülerbeförderung ins Gemeinsame Lernen. Zusammengestellt von mittendrin e.V. im Oktober 2023
mittendrin e.V. - Schülerspezialverkehr
Informationen zur Protestaktion und Forderungen: