Das kann ich jetzt natürlich unmöglich sagen. „Emmi ist, äh, nicht zu sprechen“, improvisiere ich. Ob ich etwas ausrichten dürfe… Ich darf. Emmi habe sich bei einem Besuch des Vereins „Rheinflanke“ in ihrer Schule zum Jugendprojekt „Willkommenskultur für Flüchtlinge“ angemeldet und diese Telefonnummer angegeben (woher zum Teufel weiss sie unsere Festnetznummer auswendig?). Er wolle nur nachfragen, ob sie denn am Freitag nun wirklich komme.
Ich verspreche dass sie sich meldet und lege auf. Und lache. Emmi ist ein patentes Mädchen, keine Frage. Aber Menschen, die eine andere Hautfarbe haben oder erkennbar aus anderen Kulturkreisen kommen, begegnet sie mit allergrößter Skepsis. Andererseits ist sie Nachrichtenjunkie. Kann stets aktuell die Krisenherde dieser Welt aufzählen (angefangen vom Tsunami in Japan über Syrien, „Gazastreifen“, Ukraine, Ebola in Westafrika, Badarbunga bis zum Irak). Und wer beim Tatort-Vorspann freiwillig den Raum verlässt und ins Bett geht weil er keine Toten sehen mag, den hat vermutlich auch der Tagesschau-Bericht über Flüchtlinge im Irak nicht unberührt gelassen.
Am nächsten Tag diskutieren wir. Ich rede davon, dass das Flüchtlingsprojekt richtig viel Arbeit wird: Zwei Wochenenden, eine ganze Ferienwoche, jeden Freitag Nachmittag, und das bis Dezember. Ich sage, dass sie da nur fremde Jugendliche treffen wird. Keine Chance. „Ich interessiere Flüchtlinge“, sagt Emmi bestimmt, „ich will helfen“.
Der Freitag kommt. Ein Raum im Kulturzentrum, ein Dutzend Jugendliche, außer Emmi niemand mit Behinderung. Ich höre sie durchatmen. Dann schiebt sie mit dem Zeigefinger ihre Brille hoch, geht zum Tisch und setzt sich zwischen zwei Jungs mit schwarzer Hautfarbe. Ist das jetzt Inklusion? Es ist jedenfalls der Moment, in dem sich eine Mutter diskret zurück ziehen sollte.