Tatsächlich: KMK fälscht die Statistik

Kaum zu glauben: Die Kultusministerkonferenz hat sich in ihrer Not, endlich günstigere Schulabbrecherzahlen präsentieren zu können, entschlossen, die Abschlüsse von Lernbehinderten-Schulen aufzuwerten.

Damit ist - schwupps - die Schulabbrecher-Zahl fast halbiert. Der Vorschlag für die Trickserei kam vom neuen KMK-Präsidenten aus Mecklenburg-Vorpommern. Andere Kultusminister wollten sich diesem Fälschungsversuch eigentlich widersetzen. Doch der Wille zum Widerstand überstand die erste Tagung der Ministerrunde nicht. Lesen Sie die Berichterstattung in der taz.

Lesen Sie die Kleine Anfrage der SPD und die Antwort der NRW-Landesregierung, wie das Land Nordrhein-Westfalen mit der beabsichtigten "Aufwertung" der Sonderschulabschlüsse umgehen will.

Hokus Pokus KMK

27. 2. 2009. Ganz schön kreativ, der neue Präsident der Kultusministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Kultusminister Henry Tesch: Der Mann hat die Formel gefunden, die Zahl der sogenannten Schulabbrecher in Deutschland zu halbieren. Er will die Sonderschulabschlüsse "aufwerten". Das hört sich zunächst freundlich an. Doch Tesch hat nicht etwa vor, den Sonderschülern mehr beizubringen. Er will nur die bisher üblichen Sonderschulabschlüsse per KMK-Beschluss zu regulären Schulabschlüssen erklären. Damit kann man dann zwar trotzdem keine reguläre Berufsausbildung machen. Aber es sieht in der Statistik besser aus. Frei nach Winston Churchill: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.

Mit diesem Coup würde der neue KMK-Präsident zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Erstens: Die peinlich hohe Zahl der sogenannten Schulabbrecher in Deutschland wäre fast schon halbiert, so wie es der Bildungsgipfel im Oktober erst wieder zum höchsten Ziel der Bildungspolitik erklärt hat. Denn allein mit mehr Pauken an den Hauptschulen ist das Ziel gar nicht erreichbar. Ungefähr die Hälfte der Schüler/innen ohne Abschluss der Sekundarstufe I -ca. 35.000 - besuchen Sonderschulen für sog. Lern- und Geistigbehinderte.

Zweitens: Die Bilanz der Sonderschulen sähe besser aus. Bisher verlassen rund 80 Prozent der Sonderschüler ihre Schule ohne regulären Abschluss. Würden die Lernbehinderten- und Geistigbehindertenabschlüsse, die es in einer Reihe von Bundesländern gibt, plötzlich zu regulären Abschlüssen erklärt, sähe die Abschlussstatistik der Sonderschulen schon viel freundlicher aus.

"An Peinlichkeit nicht zu überbieten", kommentiert Marianne Demmer vom Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW das geplante Manöver. Auch in der KMK rumort es. Einige Kultusminister wollen Teschs Etikettenschwindel nicht mit machen.

 

Lesen Sie die Berichterstattung

in der tageszeitung der Kommentar vom 3.3.2009

den Bericht vom 3.3.2009

und einen Bericht vom 4.3.2009: Wie Sonderschüler sich selber sehen und was ihnen ein formaler Sonderschul-Abschluss brächte.

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