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Stuttgart, 24.9.2012. Weil die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg bisher keine Initiative zeigt, ein inklusives Bildungssystem nach den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention aufzubauen,

haben Elterninitaitven der Regierung heute in Stuttgart ein komplettes neues Schulgesetz serviert. Lesen Sie die Pressemitteilung der LAG Gemeinsam leben - gemeinsam lernen:

Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam leben - gemeinsam lernen" Baden-Württemberg legt Gesetzentwurf für inklusives Schul- und Bildungssystem vor 

Kritik an zögerlicher Haltung der Landesregierung

Stuttgart, 24.09.2012 - Die Landesarbeitsgemeinschaft „ Gemeinsam leben - gemeinsam lernen" Baden-Württemberg (LAG) hat heute in Stuttgart einen Gesetzentwurf für ein inklusives Schul- und Bildungssystem vorgestellt. Der Entwurf wurde gemeinsam mit der Kanzlei Latham & Watkins LLP erarbeitet.

„Wir zeigen mit diesem Gesetzentwurf, wie es möglich ist, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung umzusetzen und ein inklusives Schul- und Bildungssystem zu entwickeln, das den Namen zu Recht trägt", sagte Kirsten Ehrhardt von der LAG in Stuttgart vor Journalisten. Dies sei keine „Kür", sondern eine Pflichtaufgabe des Landes, um die verbindlichen völkerrechtlichen Vorgaben in Baden-Württembergisches Landesrecht umzusetzen. Das bisherige Parallelsystem von Sonderschulen und allgemeinen Schulen sei weder sinnvoll noch weiter finanzierbar.

Der Gesetzentwurf umfasst drei zentrale Punkte:

  • Die Verankerung des Grundsatzes inklusiver Bildung im gesamten Bildungswesen, d.h. angefangen in Kindertageseinrichtungen, über Schulen bis hin zu Institutionen lebenslangen Lernens.
  • Die Begründung eines einklagbaren Rechtsanspruchs für Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder drohender Behinderung auf wohnortnahe inklusive Beschulung in den allgemeinen Schulen beginnend ab dem Schuljahr 2013/2014.
  • Die detaillierte Beschreibung einer Übergangsphase für den bevorstehenden Transformationsprozess des Schulwesens.

Die Übergangsphase würde laut dem Entwurf folgendermaßen aussehen: Die bisherigen Sonderschulen werden als Außenstellen in so genannte Förderkompetenzzentren, d.h. „Schulen ohne Schüler", eingegliedert. Die bisherigen Sonderschulen nehmen ab dem Schuljahr 2013/14 keine neuen Schülerinnen und Schüler mehr auf. Die Lehrkräfte der bisherigen staatlichen Sonderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen (Förderschulen), emotionale und soziale Entwicklung (Schulen für Erziehungshilfe) sowie Sprache (Schule für Sprachbehinderte) werden an die allgemeinen Schulen versetzt, und zwar in dem Maße, in denen Klassen an den Förderkompetenzzentren entfallen. Die Lehrkräfte der anderen bisherigen Sonderschulen bleiben den Förderkompetenzzentren zugeordnet. Sie unterstützen bedarfsgerecht inklusiven Unterricht an den allgemeinen Schulen.

Kritik übte Kirsten Ehrhardt am Verhalten der Baden-Württembergischen Landesregierung. „Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass sich die Landesregierung von dem separierenden Schulsystem verabschieden will", sagte sie. Zur Zeit sei nicht geplant, auch nur eine einzige der jetzt neun Sonderschularten abzuschaffen. In anderen Bundesländern hätten die Verantwortlichen längst damit begonnen. Den Sonderschultyp „Lernen" gebe es in vielen Bundesländern überhaupt nicht mehr. „Wenn wir allein die so genannten Förderschulen auflösen würden, könnten in Baden-Württemberg mehr als 20.000 Kinder sofort wieder im allgemeinen System, mit entsprechender individueller Unterstützung, lernen", sagte Kirsten Ehrhardt. Dies seien bereits 40 % aller Sonderschülerinnen und Sonderschüler mit Behinderung in Baden-Württemberg. Zusammen mit den Schülern der „Sprachheilschulen" und der Schulen für Erziehungshilfe seien es sogar über 60 %.

„Es geht nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie", sagte Dr. Marcus Funke, Partner der Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins LLP. In Baden-Württemberg bestehe für die erste von einem Grünen als Ministerpräsident geführte Landesregierung in Deutschland jetzt die Chance und gleichzeitig die Verpflichtung, eine entschlossene Vorreiterrolle bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention im Schulsystem zu übernehmen. „Menschen mit Behinderung gehören allein schon von Rechts wegen dazu. Überall und von Anfang an", sagte Funke.

Die Kanzlei berät den Verband bundesweit im Rahmen ihrer Pro Bono-Tätigkeit. Diese Tätigkeit besteht in der kostenlosen Beratung und Vertretung gemeinnütziger Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen und bedürftiger Privatpersonen sowie dem Engagement zur Förderung und Verbreitung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten.

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