NRW: Weiter warten auf's Menschenrecht

Die Tagesordnung der letzten Sitzung des Düsseldorfer Landtags vor Weihnachten hat bei den Eltern behinderter Kinder Wut und Enttäuschung ausgelöst.

Entgegen aller Versprechungen bringt die Landesregierung das 9. Schulrechtsänderungsgesetz nun doch in diesem Jahr nicht mehr in den Landtag ein. Die Novelle sollte - nach nunmehr drei Jahre währender Diskussion im Landtag - endlich erste gesetzliche Weichenstellungen für den Aufbau eines inklusiven Schulsystems vornehmen. "Wenn das so weiter geht, ist für die betroffenen Kinder wieder ein Schuljahr verloren", kritisiert Eva-Maria Thoms vom Elternverein mittendrin e.V..
Zwar liegt ein Gesetzentwurf aus dem Schulministerium seit Wochen vor, doch können sich Regierung und Verbände nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen. Es geht um Geld, vor allem um Geld, das schon im Schulsystem steckt, aber niemand zum Umverteilen hergeben will. "Von der Illusion, dass hier tatsächlich das in der UN-Konvention garantierte Menschenrecht auf inklusive Bildung in ein Gesetz gegossen wird, müssen wir uns wohl verabschieden", sagt Bernd Kochanek, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft "Gemeinsam leben, Gemeinsam lernen" in NRW.
Hinter den Kulissen haben sich Regierung und Verbände im Streit festgefahren:

Die Regierung will Förderschulen UND inklusiven Unterricht, ohne dass es zusätzliche Kosten verursachen soll. Anderen geht es um den Erhalt von Systemen und lieb gewonnenen Abläufen oder um den Versuch, mit dem Systemwechsel die eigene Kostenstruktur zu verbessern. Die Rechte der Kinder werden im Gesetzentwurf ebenso wie in den Verlautbarungen der Kommunalverbände und der Lehrerverbände stets vor allem dort beschworen, wo es den eigenen Interessen dient. Die Bereitschaft sich tatsächlich zu bewegen, um Kindern mit und ohne Behinderung ein gemeinsames Leben und Lernen zu ermöglichen, scheint erschreckend gering. Statt dessen werden in den Regionen Ängste vor Schulschließungen geschürt und abenteuerliche Zahlen über Kosten und Schülergruppen in den Raum geworfen.
Tatsächlich haben laut Statistik unter jeweils hundert Schülerinnen und Schülern gerade einmal 6 einen besonderen Förderbedarf. Die Zahl der Schüler mit Seh- oder Hörbehinderungen liegt bei unter 2 auf tausend Schülern, die Zahl der Schüler mit körperlichen und geistigen Einschränkungen bei einem Betroffenen unter 200 Schülern. Dies sollte bei entsprechender Umverteilung der Mittel jede Schule in Nordrhein-Westfalen auffangen können.
"Vor der Landtagswahl 2010 ist uns versprochen worden, spätestens bis zum Halbjahr 2011 den freien Zugang zur Regelschule zu ermöglichen", erinnert sich Ulrike Hüppe von der LAG Gemeinsam leben, Gemeinsam lernen. Statt dessen sei nun schon die Umsetzung fürs Schuljahr 2013/14 in Gefahr. "Somit wird wieder einem Jahrgang Kinder längerfristig Sonderbeschulung zuteil - denn das Recht auf einen Wechsel nach der Einschulung in die Förderschule ist auch im nun aufgeschobenen Gesetzentwurf nicht vorgesehen."

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