Sparen bei der Inklusion, aber Millionen für neue Förderschulen?

PRESSEMITTEILUNG

Die Behinderten-Selbsthilfe, die Sozialverbände und Elternverbände aus der Schulmitwirkung in Nordrhein-Westfalen fordern die Landesregierung dringend auf, gegen den erstaunlichen Wildwuchs beim Bau von zusätzlichen Förderschulen durch die Kommunen vorzugehen. Einer Recherche des Elternvereins mittendrin e.V. zufolge arbeiten Städte, Kreise und Landschaftsverbände an der Errichtung von mindestens 30 weiteren Förderschulen.

Dabei hat sich NRW mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention schon 2009 dazu verpflichtet, auf eine inklusive Beschulung hinzuwirken. Stattdessen soll das Sonder-system der ausgrenzenden Förderschulen, an denen junge Menschen mit Behinderung dann „unter sich bleiben“, offenbar auch noch aus- statt abgebaut werden! Selbst die NRW-CDU hatte bisher nur den Erhalt von Förderschulen propagiert, nicht auch noch deren Ausbau. Solcherlei Pläne verstoßen eklatant gegen die Zielrichtung des Schulgesetzes!

Es ist schon bemerkenswert, dass die Kommunen, die unisono beklagen, dass sie für eine Unterstützung des Gemeinsamen Lernens in ihren Schulen kein Geld haben, offenbar keine Probleme damit haben, stattdessen erhebliche Summen in ausgrenzende Förderschulen zu investieren. Eklatantes Negativbeispiel ist hier der Landschaftsverband Rheinland (LVR), der für eine zusätzliche Körperbehindertenschule für 180 Kinder derzeit mit einer Investitions-summe von 97 Millionen Euro zuzüglich Grunderwerbskosten kalkuliert, finanziert aus den Umlagegeldern der klammen Kommunen. Der Schulausschuss des Verbands hat den Baubeschluss am Montag dieser Woche ohne große Debatte durchgewunken. Gleichzeitig beklagt der LVR ein zu erwartendes Haushaltsdefizit von 100 Millionen Euro in 2026. Deshalb müsse laut LVR auch bei Leistungen für behinderte Menschen gekürzt werden. Sparen bei der Inklusion, aber Millionen für neue Förderschulen? Als Sprachrohr der Betroffenen sagen wir: Halt! Nicht mit uns! 

Der Bau von Förderschulen ist nicht alternativlos. Wir fordern: Die NRW-Landesregierung muss die Kommunen dazu anhalten, dem § 80 des Schulgesetzes nachzukommen. Er verpflichtet die Kommunen zu einer gemeinsamen und inklusiven Schulentwicklungsplanung. Und die Kommunen sollten genau dabei auch Unterstützung bekommen, so hatte es die schwarz-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag (eigentlich) vereinbart. Stattdessen fehlt es jetzt überall an ausreichenden inklusiven Schulplätzen in guter Qualität, so dass viele Eltern von behinderten Kindern gar keine Alternative haben und diese dann doch an Förderschulen anmelden. Auch einen Aktionsplan für die inklusive Schulbildung hatte die Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart, aber auch in diesem Bereich nicht „geliefert“.

Die Abkehr von der Inklusion ist offenbar nicht die einzige falsche Weichenstellung: Mit Entsetzen nehmen wir davon Kenntnis, dass auch noch in anderen Bereichen an der Unterstützung für Menschen mit Behinderung gespart werden soll. Wir sagen: Statt den Rotstift ausgerechnet immer wieder im sozialen Bereich anzusetzen, sollten öffentliche Träger und Politik endlich die Einnahmenseite in den Blick nehmen - statt das Recht auf Teilhabe zu einer Kostenfrage zu machen.

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