Kommunalwahl in Köln: Können wir auch Inklusion wählen?

Am 14. September 2025 wählen wir in Köln eine neue Oberbürgermeister*in und einen neuen Stadtrat. Wir wollen wissen, wer sich für inklusive Bildung in Köln einsetzen wird.
Als Wahlprüfsteine haben wir fünf Fragen an die Oberbürgermeisterkandidat*innen von sieben Parteien geschickt. Die Antworten sind erfreulich positiv ausgefallen, wie Ihr unten lesen könnt.
Einige OB-Kandidat*innen waren bei uns zu Besuch
Wir haben die Kandidat*innen der sieben Parteien zu uns eingeladen. Bei Instagram haben wir ein Statement von allen Besucher*innen veröffentlicht. Die Grünen wollen uns nach der Wahl besuchen.
Inga Feuser (Gut & Klima Freunde)
Torsten Burmester (SPD)
Markus Greitemann (CDU)
Heiner Kockerbeck (Die Linke)
Lars Wolfram (VOLT)
Wir müssen reden!
Macht mit! Der Wahlkampf ist eine gute Gelegenheit, um mit Politiker*innen ins Gespräch zu kommen. Geht zu den Wahlständen und erzählt, was Ihr braucht für gute Inklusive Bildung. Wir haben die Erfahrungen gemacht, dass viele Politiker*innen noch nicht viel Berührung zum Thema Inklusion hatten und unsere Probleme gar nicht kennen. Persönliche Gespräche haben Wirkung.
Wir haben ein Infoblatt erstellt – mit allen wichtigen Infos zum Thema inklusive Bildung. Einfach ausdrucken, mitnehmen und den Politiker*innen schenken.
Wahlprüfsteine
Wahlprüfsteine – Wer setzt sich für inklusive Bildung ein?
Folgende Fragen haben wir den Oberbürgermeisterkandidat*innen der Parteien als Wahlprüfsteine geschickt.
Die Fragen konnten mit Ja, Nein oder Enthaltung beantwortet werden. Außerdem gab es die Möglichkeit, maximal 300 Zeichen zur Erläuterung der Antworten zu schreiben.
- Die CDU wollte im ersten Anlauf die Fragen in dieser Form nicht beantworten und hatte uns stattdessen einen ausführlichen eher skeptischen Text zum Ausbau inklusiver Bildung in Köln geschickt. Deshalb blieb die Tabellenzeile der CDU in unserer Grafik zunächst leer. Nach unserem Gespräch mit Markus Greitemann hat er nachgeliefert. Die neuen Antworten haben wir in der Grafik und unten im Text ergänzt. Gut, dass wir gesprochen haben!
Am Ende der Seite haben wir Hintergrundinformationen zu den Fragen zusammengestellt. Wie ist die Situation in Köln aktuell? Was muss sich ändern?
1. Ausbau inklusiver Bildung
Ich stehe dafür, dass inklusive Bildung in Köln wieder gestärkt und planvoll ausgebaut wird, damit alle Kölner Schüler*innen zu ihrem Recht auf gute inklusive Bildung kommen.
ANTWORTEN
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Grüne, Berivan Aymaz: JA
Wir setzen uns für eine Stärkung und einen konsequenten Ausbau der inklusiven Bildung ein. Dafür wollen wir eine bessere personelle und räumliche Ausstattung der Schulen, mehr multiprofessionelle Teams sowie eine qualifizierte Fortbildung des schulischen Personals fördern.
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CDU, Markus Greitemann: JA
Inklusive Bildung ist mir ein wichtiges Anliegen. Eltern und Kinder brauchen gute Bedingungen, damit gemeinsames Lernen gelingt – mit mehr Personal, moderner Ausstattung und klaren Konzepten. Dazu gehört auch, dass Inklusion stärker in der Öffentlichkeit thematisiert wird.
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SPD, Torsten Burmester: JA
Ja, ich setze mich für den zügigen und planvollen Ausbau inklusiver Bildung in Köln ein. Alle Kinder und Jugendlichen sollen unabhängig von ihren Voraussetzungen gemeinsam lernen können. Dazu braucht es mehr inklusive Schulplätze, Ressourcen und die Umsetzung der Empfehlungen des Expert*innenbeirats.
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Die Linke, Heiner Kockerbeck: JA
Von jedem Stadtteil Kölns aus muss wohnortnah eine Gesamtschule erreichbar sein. Bis 2035 sollten für 50 Prozent der Kinder eines Jahrgangs Gesamtschulen angeboten werden. Dies ist die Alternative zum Bau zweier Förderschulen, den die Verwaltung plant.
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FDP, Volker Görzel: JA
Inklusion muss in den Schulen natürlich und selbstverständlich sein.
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Volt, Lars Wolfram: JA
Volt will, dass alle Heranwachsende ihr Recht auf inklusive und hochwertige Bildung wahrnehmen können. Dazu gehört, dass jedes Kind individuell gefördert wird & gemeinschaftlich lernt. So erfahren schon Kinder, dass jeder Mensch mit jeweils anderen Begabungen das Leben & Lernen mitgestalten kann.
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Gut & Klima Freunde, Inga Feuser: JA
Inklusion ist ein Menschenrecht und es ist beschämend, dass Deutschland bei der Umsetzung versagt. Andere Länder zeigen, wie es geht. Ich stehe dafür ein, dass die Kommune alles dafür tut, dass Köln ein Vorbild für gelingende Inklusion werden kann.
2. Mehr Inklusion statt mehr Förderschulen
Ich bin der Meinung, dass 16 Jahre nach Rechtsgültigkeit der UN-Behindertenrechtskonvention der Weg eindeutig in Richtung inklusive Schule gehen muss. Die Eltern haben die Wahl und Anspruch auf gute Schule. Die Erweiterung des Förderschulsystems durch den Bau zusätzlicher Förderschulen ist 16 Jahre nach Rechtsgültigkeit der UN-Behindertenrechtskonvention aber nicht mehr vertretbar.
ANTWORTEN
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Grüne, Berivan Aymaz: JA
Wir Grüne teilen die Einschätzung, dass der konsequente Ausbau inklusiver Schulen Vorrang haben muss. Eltern müssen echte Wahlfreiheit haben, aber diese Wahlfreiheit braucht ein funktionierendes, hochwertiges inklusives Angebot. Wir setzen uns dafür ein, inklusive Bildung als Regelform zu stärken.
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CDU, Markus Greitemann: JA
Eltern brauchen Wahlfreiheit, deshalb muss es auch Förderschulen geben. Gleichzeitig möchte ich die Inklusion Schritt für Schritt ausbauen und in der Stadtgesellschaft sichtbarer machen. Erst wenn inklusive Strukturen stark genug sind, können wir die Rolle der Förderschulen überdenken.
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SPD, Torsten Burmester: JA
Ja. Der Weg zur inklusiven Schule muss weitergehen. Eltern brauchen Wahlfreiheit und gute Schulen. Statt neue Förderschulen zu bauen, wollen wir inklusive Angebote stärken: Mehr Gesamtschulen, wohnortnah und attraktiv, und alle Schulformen, auch Gymnasien, in die Verantwortung nehmen.
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Die Linke, Heiner Kockerbeck: JA
Ich lehne den Bau neuer Förderschulen ab. Sie müssen durch mehr Aktivität als bisher bei der Stärkung der Inklusion unnötig gemacht werden.
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FDP, Volker Görzel: NEIN
Die FDP ist für die Wahlfreiheit der Familien. Da viele Familien ihr Kind lieber auf einer Förderschule sehen, werden wir diese genauso unterstützen wie Schulen mit Inklusion.
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Volt, Lars Wolfram: JA
Volt strebt echte Inklusion an, erkennt aber an, dass viele Eltern Förderschulen wünschen. Bis inklusive Schulen alle Kinder gut fördern, bleiben Förderschulen als Übergangslösung erhalten und werden nicht ausgeschlossen.
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Gut & Klima Freunde, Inga Feuser: JA
Förderschulen müssen die absolute Ausnahme sein – grundsätzlich muss jedes Kind die Möglichkeit haben, im Regelschulsystem beschult zu werden. Es ist Aufgabe der Kommune, dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen dafür stimmen.
3. Entlastung der Förderschulen
Ich will die Förderschulen Geistige Entwicklung entlasten, indem wir die inklusive Beschulung attraktiver machen. Dafür werde ich die Handlungsempfehlungen des Expert*innenbeirats Inklusion umsetzen.
ANTWORTEN
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Grüne, Berivan Aymaz: JA
Wir werden die Empfehlungen des Expert*innenbeirats Inklusion aufgreifen und umsetzen, damit mehr Schüler*innen wohnortnah im Gemeinsamen Lernen unterrichtet werden können. Die Kooperation zwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen soll ausgebaut werden, um Übergänge zu erleichtern.
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CDU, Markus Greitemann: JA
Förderschulen leisten wichtige Arbeit. Um sie zu entlasten, müssen wir Inklusion so ausbauen, dass mehr Kinder wohnortnah inklusiv lernen können. Wichtig ist ein gutes Miteinander von Förder- und Regelschulen mit verlässlichen Übergängen.
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SPD, Torsten Burmester: JA
Ja. Ich setze mich dafür ein, Förderschulen Geistige Entwicklung zu entlasten, indem wir inklusive Beschulung stärken und die Empfehlungen des KölnerExpert*innenbeirats umsetzen. Dafür stellen wir die nötigen Ressourcen und multiprofessionelle Teams bereit, damit mehr Kinder inklusiv lernen können.
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Die Linke, Heiner Kockerbeck: JA
Die Empfehlungen des Expert*innenbeirats zu Stärkung der Inklusion sind umzusetzen. Dafür müssen Rat und Verwaltung dazu bereit sein, mehr Geld als bisher dafür bereitzustellen.
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FDP, Volker Görzel: JA
Die Förderung von Kindern mit Bedarf muss an allen Schulen und Schulform gleich gut gewährleistet sein – nur dann gibt es eine echte Wahlfreiheit, wie das die FDP möchte.
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Volt, Lars Wolfram: JA
Ja, Volt steht für evidenzbasierte Politik & Expert*innen-Einbeziehung. Volt will Mittel für individuelle Inklusionsbudgets, -hilfen & -fachkräfte, um für alle Kinder Förderung entsprechend ihrer Bedürfnisse zu gewährleisten. Zusätzlich soll Sonderpädagogik Teil jeder pädagogischen Ausbildung werden.
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Gut & Klima Freunde, Inga Feuser: JA
Gut, dass es Expertenbeiräte gibt – viel öfter sollten wir auf die Empfehlungen solcher Expert:innengremien hören.
4. Gerechte Gestaltung der Schülerbeförderung
Ich werde eine gerechte Gestaltung der Schülerbeförderung realisieren. Schüler*innen mit Behinderung sollen möglichst wohnortnah in Schulen des Gemeinsamen Lernens beschult werden. Für alle Schüler*innen, die aufgrund ihrer Behinderung den Schulweg nicht alleine bewältigen können, werden wir einen Schulbusverkehr einrichten – egal ob Förderschule oder inklusive Schule.
ANTWORTEN
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Grüne, Berivan Aymaz: JA
Wir stehen für eine faire, inklusive Schülerbeförderung ein. Wir werden einen verlässlichen Schulbusverkehr sicherstellen – sowohl für inklusive Schulen als auch für Förderschulen. Ziel ist, dass alle Schüler*innen unabhängig von ihrer Mobilität gleichberechtigt und sicher zur Schule kommen können.
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CDU, Markus Greitemann: JA
Alle Kinder müssen sicher und verlässlich zur Schule kommen – unabhängig davon, ob sie eine Förderschule oder eine inklusive Schule besuchen. Dafür braucht es geregelte und faire Lösungen im Schülertransport.
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SPD, Torsten Burmester: JA
Ja. Ich setze mich für gerechte Schülerbeförderung ein. Kinder mit Beeinträchtigung sollen wohnortnah inklusiv lernen können. Wo das nicht geht, sichern wir einen verlässlichen Schulbus – unabhängig von der Schulform. Die Kosten für den Transport zu Inklusionsschulen übernimmt die Stadt.
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Die Linke, Heiner Kockerbeck: JA
Schüler*innen im Gemeinsamen Lernen müssen die gleichen Möglichkeiten haben, im Schulbusverkehr befördert zu werden, wie diejenigen an Förderschulen.
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FDP, Volker Görzel: JA
Die FDP möchte, dass die Schülerbeförderung immer nach den gleichen Kriterien beurteilt wird – unabhängig davon, welche Schule das Kind besucht.
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Volt, Lars Wolfram: JA
Volt hat die Anfrage „Beförderung von Inklusionskindern“ in den Schulausschuss eingebracht, um mehr zu Anträgen, Bewilligungen & Absagen, aufgeschlüsselt nach Förder- und inklusiven Schulen, zu erfahren. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, die Beförderung städtischerseits zu gewährleisten.
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Gut & Klima Freunde, Inga Feuser: JA
5. Aktionsplan
Ich werde dafür sorgen, dass die Stadt Köln einen Aktionsplan für den Ausbau der inklusiven Bildung erstellt mit konkreten Zielen, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten. Köln soll weiterhin Vorreiter in Sachen inklusiver BiIdung sein. Wir wollen an den engagierten Start in den Jahren nach 2010 anknüpfen.
ANTWORTEN
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Grüne, Berivan Aymaz: JA
Wir wollen, dass die Stadt Köln einen verbindlichen Aktionsplan für den weiteren Ausbau der inklusiven Bildung aufstellt. Dieser Aktionsplan soll klare Ziele, konkrete Maßnahmen und benannte Verantwortlichkeiten enthalten, damit Inklusion verbindlich, überprüfbar und nachhaltig umgesetzt wird.
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CDU, Markus Greitemann: JA
Ein Aktionsplan sorgt für Klarheit: mit Zielen, Verantwortlichkeiten und überprüfbaren Schritten. So schaffen wir Verlässlichkeit für Eltern und Lehrkräfte. Inklusion muss nicht von heute auf morgen alles verändern, aber sie braucht eine klare Richtung und mehr öffentliche Aufmerksamkeit.
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SPD, Torsten Burmester: JA
Ja. Ich setze mich für einen Aktionsplan der Stadt Köln zum Ausbau inklusiver Bildung mit klaren Zielen, Maßnahmen und Zuständigkeiten ein. Inklusion ist Pflicht, kein Zusatzangebot. Wir fördern Beteiligung der Stadtgesellschaft und den Dialog mit allen Beteiligten.
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Die Linke, Heiner Kockerbeck: JA
Ein solcher Plan erfordert eine sorgfältiger Vorbereitung durch die Schulverwaltung und die Fachöffentlichkeit, zu der auch Vereine und Gewerkschaften im Bereich der Bildung gehören. Mehr Inklusion im umfassenden Sinn macht es nötig, Veränderungen wie den Ausbau der Gesamtschulen einzubeziehen.
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FDP, Volker Görzel: NEIN
Die FDP Köln möchte, dass die Inklusion ein selbstverständlicher Teil des Schulentwicklungsplans ist. Es bedarf dann keines zusätzlichen Planes.
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Volt, Lars Wolfram: JA
Volt fordert einen Aktionsplan für inklusive Bildung mit klaren Zielen, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten. Wir erarbeiten diesen gemeinsam mit LVR, sozialen Trägern, Schulen, Lehrkräften, Betroffenen und Eltern – Politik mit Menschen, nicht nur über Menschen.
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Gut & Klima Freunde, Inga Feuser: JA
Zusätzlich werden wir dafür kämpfen, dass auch das Land die Rahmenbedingungen für Inklusive Schulen wieder verbessert.
Mehr Infos
Hintergrundinformationen zu den Wahlprüfsteinen
Wie sieht die aktuelle Situation in Köln aus? Was muss sich ändern? Hier gibt es Hintergrundinformationen zu den Wahlprüfsteinen.
1. Ausbau inklusiver Bildung
Ich stehe dafür, dass inklusive Bildung in Köln wieder gestärkt und planvoll ausgebaut wird, damit alle Kölner Schüler*innen zu ihrem Recht auf gute inklusive Bildung kommen.
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Die aktuelle Situation: Immer noch gibt es für viele Schüler*innen kein gutes inklusives Angebot. „Damit kennen wir uns nicht aus“, „Das trauen wir uns nicht zu“, „Vielleicht ist die Förderschule doch besser für Dich.“ Solche Sätze müssen viele Schüler*innen beim Infogespräch an inklusiven Schulen hören. Leider sind viele Schulen immer noch nicht ausreichend auf Gemeinsames Lernen vorbereitet, während andere Schulen zeigen, wie gut Inklusion für alle Schüler*innen funktionieren kann.
Doch auch wenn Familien das Glück haben, einen Platz an einer inklusiven Schule zu bekommen, müssen sie oft Abstriche machen. Inklusive Schule bedeutet für viele Eltern, dass sie die Arbeitszeit reduzieren müssen, um als Elterntaxi zur Verfügung zu stehen, Therapien in der Freizeit zu organisieren und bei jedem Stundenentfall abzuholen. Währenddessen gehört an Förderschulen die Schülerbeförderung, gesicherte Ganztagsbetreuung und Therapien zum Gesamtpaket
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Das muss sich ändern: Schulen müssen verpflichtet und unterstützt werden, gute inklusive Konzepte zu entwickeln. Das liegt in der Verantwortung des Landes. Kommunen sind für die Entwicklung guter Rahmenbedingungen verantwortlich, wozu sich Köln in der kommunalen Inklusionsplanung verpflichtet hat.
Mehr Infos
Die Rahmenbedingungen müssen an Förderschulen und an inklusiven Schulen vergleichbar sein. Sonst gibt es faktisch kein Elternwahlrecht.
2. Mehr Inklusion statt mehr Förderschulen
Ich bin der Meinung, dass 16 Jahre nach Rechtsgültigkeit der UN-Behindertenrechtskonvention der Weg eindeutig in Richtung inklusive Schule gehen muss. Die Eltern haben die Wahl und Anspruch auf gute Schule. Die Erweiterung des Förderschulsystems durch den Bau zusätzlicher Förderschulen ist 16 Jahre nach Rechtsgültigkeit der UN-Behindertenrechtskonvention aber nicht mehr vertretbar.
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Die aktuelle Situation: Köln plant den Bau von zwei neuen Förderschulen Geistige Entwicklung. Grund dafür ist, dass die vier bestehenden Förderschulen überfüllt sind. Solange es Förderschulen geben muss, weil nicht für jedes Kind ein gutes inklusives Angebot bereit steht, müssen in Förderschulen gute Bedingungen herrschen. Das ist klar. Bevor zusätzliche Förderschulen geplant werden, muss aber alles dafür getan werden, dass das inklusive Angebot für alle zugänglich und attraktiv ist. Davon sind wir in Köln weit entfernt.
Ein weiterer wichtiger Grund für die Überfüllung der Förderschulen ist der Besorgnis erregende Anstieg der Anzahl von Schüler*innen mit Förderbedarf Geistige Entwicklung. Ein Gutachten des Landes NRW bestätigt unsere Befürchtung, dass viele Schüler*innen zu Unrecht einen Förderbedarf bekommen. Die Gutachter raten dringend dazu, das AOSF-Verfahren zu überarbeiten.
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Das muss sich ändern: Die Lösung für das akute Problem der überfüllten Förderschulen kann nicht der Bau zwei weiterer Förderschulen sein, die frühestens in 10 Jahren fertig sind. Das bedeutet eine Erweiterung der Förderschulen Geistige Entwicklung um 50 %!!! und die Zementierung von Exklusion. Während die UN-BRK den Abbau von Sondersystemen fordert. Anstatt zusätzliche Förderschulen zu planen, müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Förderschulen zu entlasten, indem das inklusive Angebot attraktiver gemacht wird.
3. Entlastung der Förderschulen
Ich will die Förderschulen Geistige Entwicklung entlasten, indem wir die inklusive Beschulung attraktiver gestalten. Dafür werde ich die Handlungsempfehlungen des Kölner Expert*innenbeirats Inklusion umsetzen.
Handlungsempfehlungen
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Die aktuelle Situation: Der Kölner Expertenbeirat Inklusion hat im Juni 2023 Handlungsempfehlungen vorgelegt, wie man Förderschulen entlasten kann, indem man inklusive Schule attraktiver macht. Aktuell ist nur die Umsetzung von einem kleinen Teil der Vorschläge in Planung. Laut Verwaltung sind die Punkte, die mit zusätzlichen personellen bzw. finanziellen Ressourcen verknüpft sind, in der momentanen Haushaltslage nicht leistbar.
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Das muss sich ändern: Bildung und Inklusion müssen mehr Priorität bekommen in Köln. Kinder sind unsere Zukunft. Inklusion ist ein Menschenrecht. Die Handlungsempfehlungen des Expertenbeirats Inklusion müssen vollständig umgesetzt werden. An der Umsetzung der Handlungsempfehlungen zu sparen ist nicht nachhaltig. Denn mit jedem Kind mit Förderbedarf, das eine inklusive Schule wählt (oder sogar von der Förderschule auf eine inklusive Schule wechselt) spart die Stadt Geld, weil die Beschulung in Förderschulen deutlich höhere Kosten verursacht.
4. Gerechte Gestaltung der Schülerbeförderung
Ich werde eine gerechte Gestaltung der Schülerbeförderung realisieren. Schüler*innen mit Behinderung sollen möglichst wohnortnah in Schulen des Gemeinsamen Lernens beschult werden. Für alle Schüler*innen, die aufgrund ihrer Behinderung den Schulweg nicht alleine bewältigen können, werden wir einen Schulbusverkehr einrichten – egal ob Förderschule oder inklusive Schule.
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Die aktuelle Situation: Auch für Schüler*innen mit Behinderung gibt es zu wenige wohnortnahe Schulplätze in Köln. Dadurch entstehen oft weite Wege, die für viele Schüler*innen mit der KVB nicht selbständig zu bewältigen sind. Trotzdem werden seit 2019 die Anträge auf Schülerbeförderung zu inklusiven Schulen in Köln sehr streng geprüft und nur noch selten bewilligt. An Förderschulen hat sich nichts geändert. Hier gehört die Beförderung weiterhin zum Gesamtpaket.
Mehr Infos
Laut Verwaltung ist die Ausweitung der Schülerbeförderung zu inklusiven Schulen nicht möglich, weil es zu teuer ist. Der Grund ist, dass dort Einzeltaxis zum Einsatz kommen, während es an Förderschulen den Schülerspezialverkehr gibt. Somit haben Eltern die „Wahl“ zwischen der Förderschule, wo die Kinder gebracht und abgeholt werden. Oder sie „wählen“ eine inklusive Schule und müssen ihr Kind die ganze Schulzeit bringen und abholen, was aufgrund weiter Wege oft 2 Std pro Tag kostet. Außerdem gibt es dort häufig keine Therapien und keine gesicherte Ganztagsbetreuung. Unter diesen Bedingungen können sich viele Familien inklusive Bildung nicht leisten. Ein Elternwahlrecht gibt es faktisch nicht.
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Das muss sich ändern: Die beste Lösung wären wohnortnahe Schulplätze. Dann könnten die meisten Schüler*innen den Weg alleine bewältigen. Solange die Stadt diese nicht bieten kann, müssen alle Schüler*innen Unterstützung bekommen, die den Weg aufgrund ihrer Behinderung mit der KVB nicht alleine schaffen. Das kann die Schülerbeförderung sein oder zum Beispiel auch ein niedrigschwelliges Angebot von Schulwegbegleitung, wodurch viele Schüler*innen mittelfristig lernen können, den Weg alleine zu bewältigen.
Laut Schulrecht hat inklusive Schule Vorrang. Wie kann es dann sein, dass an Inklusion gespart wird und an Förderschulen nicht? Warum wird der Schülerspezialverkehr nicht auf die GL-Schulen ausgeweitet? Wir brauchen eine gerechte Lösung, damit Familien wirklich eine Wahl zwischen Förderschule und inklusiver Schule haben und jedes Kind an sein Recht auf inklusive Bildung kommt.
5. Aktionsplan
Ich werde dafür sorgen, dass die Stadt Köln einen Aktionsplan für den Ausbau der inklusiven Bildung erstellt, mit konkreten Zielen, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten. Köln soll weiterhin Vorreiter in Sachen inklusiver BiIdung sein. Wir wollen an den engagierten Start in den Jahren nach 2010 anknüpfen.
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Die aktuelle Situation: Nach der letzten Staatenprüfung der UNO zur Umsetzung der UN-BRK im August 2023, hat Deutschland auch für den Bereich Bildung eine deutlich Rüge bekommen. Unter anderem hat der Fachausschuss empfohlen:
Artikel 24 (Bildung)
54. (…) unter aktiver Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden mit Behinderungen, ihren Familien und den sie repräsentierenden Organisationen, (…)
a) einen umfassenden Plan zur Beschleunigung des Übergangs von der Bildung in Förderschulen hin zur inklusiven Bildung auf Länderebene und kommunaler Ebene auszuarbeiten, der konkrete zeitliche Vorgaben, personelle, technische und finanzielle Ressourcen sowie klare Zuständigkeiten für die Umsetzung und Überwachung vorsieht.
Empfehlungen des UN-Fachausschusses
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Das muss sich ändern: Die Stadt muss (genauso wie das Land NRW) endlich einen Aktionsplan inklusive Bildung entwickeln – mit konkreten zeitlichen Vorgaben, personellen, technischen und finanziellen Ressourcen sowie klaren Zuständigkeiten für die Umsetzung und Überwachung.
Noch mehr Infos
Inklusive Bildung in Köln
Köln hat sich 2011 sehr engagiert auf den Weg gemacht, inklusive Bildung umzusetzen. Mit dem Inklusionsplan hat man sich das Ziel gesetzt, mindestens 80 % der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen zu beschulen. Hindernisse wurden aus dem Weg geräumt, Dinge wurden möglich gemacht und die Zahl der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen stieg kontinuierlich.
„Jedes Kind hat das Recht auf inklusive Bildung. Um allen eine inklusive Bildung zu ermöglichen, ist der Aufbau eines inklusiven Schulsystems erforderlich…“ steht auf der Internetseite von Köln. Hier findet man viele Informationen zum Gemeinsamen Lernen in der Stadt Köln, die das klare Bekenntnis der Stadt zu inklusiver Bildung deutlich machen.
Internetseite der Stadt Köln
Leider hat das Engagement für inklusive Bildung in den letzten Jahren stark nachgelassen. Und das zeigt Wirkung. Seit 2019 stagniert der Anteil der Schüler*innen mit Förderbedarf, die eine Regelschule besuchen bei gut 50 %. Und laut Inklusionsmonitoring der Stadt werden wieder mehr Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung an Förderschulen angemeldet.
Auch Schulen beobachten mit Besorgnis den Rückgang von Inklusion. Viele Schulen in Köln arbeiten sehr erfolgreich inklusiv. Die Gesamtschule Holweide blickt auf 40 Jahre Erfahrung zurück. Dort wurden auch schon schwer mehrfach behinderte Schüler*innen erfolgreich beschult. Leider wurden in den letzten Jahren keine Schüler*innen mit höherem Unterstützungsbedarf angemeldet.
Inklusive Schule hat in den letzten Jahren an Attraktivität verloren. Ein Grund dafür ist, dass es seit 2019 sehr schwierig geworden ist, eine Bewilligung für die Schülerbeförderung zu inklusiven Schulen zu bekommen, während sie an Förderschulen erfahrungsgemäß zum Gesamtpaket gehört. Eltern können also eine Förderschule „wählen“, wo die Kinder gebracht und abgeholt werden. Oder sie „wählen“ eine inklusive Schule und müssen ihr Kind die ganze Schulzeit bringen und abholen, was aufgrund weiter Wege oft 2-3 Std pro Tag kostet. Außerdem gibt es dort oft keine Therapien und keine gesicherte Ganztagsbetreuung. Kein Wunder, dass sich unter diesen Voraussetzungen wieder mehr Familien für eine Förderschule „entscheiden“.
Für viele Schüler*innen gibt es 16 Jahre nach in Kraft treten der UN-BRK immer noch kein inklusives Angebot in Wohnortnähe, weil viele Schulen immer noch nicht ausreichend auf Inklusion eingerichtet sind.
Köln plant den Bau von zwei zusätzlichen Förderschulen Geistige Entwicklung, was einen Bruch mit der UN-Behindertenrechtskonvention bedeutet, die den Abbau von Sondersystemen fordert. Der Expertenbeirat Inklusion hat Handlungsempfehlungen vorgelegt, wie Förderschulen entlastet werden können, indem inklusive Bildung gestärkt wird.
Das Recht auf inklusive Bildung
Jedes Kind hat das Recht auf inklusive Bildung. 2009 hat sich Deutschland mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verpflichtet, Inklusion in allen Bereichen des Lebens umzusetzen.
Was für eine Errungenschaft der Demokratie! Menschen mit Behinderung, die lange Zeit in Sondersystemen außerhalb der Gesellschaft gelernt, gewohnt und gearbeitet haben, sollen nun endlich einen Platz mitten in der Gesellschaft bekommen. Schluss mit dem fürsorglichen, mitleidigen Blick auf Menschen mit Behinderung. Selbstbestimmung und vollumfängliche Teilhabe an der Gesellschaft sollen jetzt endlich auch für Menschen mit Behinderung Realität werden.
Demokratie braucht Inklusion. Nur eine inklusive Gesellschaft, die sich aktiv für die Teilhabe aller einsetzt, ist eine demokratische Gesellschaft. Behinderung gehört zum Leben dazu. Jede*r Mensch kann irgendwann betroffen sein. In einer inklusiven Gesellschaft muss niemand Angst haben, wegen einer Behinderung an den Rand geschoben zu werden. Alle können sicher sein, dass sie die benötigte Unterstützung zur vollumfänglichen Teilhabe an der Gesellschaft bekommen.
#WirSind10Millionen. Inklusion ist kein Nischenthema. Zehn Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Behinderung und werden von der Gesellschaft an vielen Stellen immer noch an Teilhabe behindert.
Laut UN-BRK ist die Politik verpflichtet, die neuen Rechte umzusetzen. Inklusion bedeutet einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel, der eine konsequente politische Steuerung braucht. Bei der Staatenprüfung im August 2023 wurde Deutschland erneut wegen mangelnder Umsetzung gerügt und dringend aufgefordert die Empfehlungen des UN-Fachausschusses umzusetzen.
Empfehlungen des UN-Fachausschusses
Der Wandel zur inklusiven Gesellschaft beginnt in Kita und Schule. In Schulen entscheidet sich, wie die Gesellschaft von morgen aussieht. Zusammenhalt und gegenseitigen Respekt lernen Kinder „in einer Schule für alle“, die den individuellen Bedürfnissen jeder Schülerin und jeden Schülers sowie der Vielfalt der Gemeinschaft gerecht wird. Wenn es in zehn Jahren, Lehrer*innen, Politiker*innen, Ärzt*innen, Architekt*innen und viele andere Menschen gibt, die in der Schule gelernt und erlebt haben, wie Inklusion geht, sind wir einen riesengroßen Schritt weiter auf dem Weg zur inklusiven Gesellschaft und echten Demokratie.
Auch im Schulgesetzt von NRW steht „Sonderpädagogische Förderung findet in der Regel in der allgemeinen Schule statt. Die Eltern können abweichend hiervon die Förderschule wählen.” (§ 20 Abs. 2 Schulgesetz NRW).